Gottesdienst am Himmelfahrtstag

Abstand ist nicht erst seit „Corona“ wichtig und nötig: am Bankautomaten, an der Bus- und Bahnhaltestelle und an anderen Orten kennen wir das, wollen wir das und achten ganz bewusst auf Abstand. Abstand kann man messen: mit dem Zollstock. Abstand kann man empfinden: innerlich – auch wenn man anderen körperlich ganz nahe ist. Abstand kann gut tun: bei Konflikten, in Beziehungen, wenn die Kinder erwachsen werden. Abstand kann weh tun: bei Trennung, ein Verlust, wenn die Kinder groß werden. Abstand kann Sicherheit geben und auch herausfordern.
In unserer Bibel lesen wir: die Jünger Jesu lebten eng mit ihm zusammen – Judas war innerlich auf Abstand gegangen und verriet ihn – der Auferstandene erschien den Jüngern, sie konnten ihn aber nicht berühren, aber er ist bei ihnen.
Und dann erzählt die Bibel die Geschichte von Himmelfahrt. (Act. 1,4-11) Die Jünger hatten nun zwar einen großen äußeren Abstand zu Jesus, der nun in Gottes Himmel seinen Platz einnahm. Aber innerlich waren und blieben sie mit ihm und untereinander verbunden: in ihrem Glauben und Vertrauen in Jesus und den Gott, von dem er geredet hat. Auch wir heute sind in diesem Sinne mit Jesus und den Jüngern damals verbunden. So sehe ich die bunten Bänder heute zwischen uns auch nicht als „Abstandsanzeige“, sondern als Verbindung. Denn im Glauben an Gott sind wir als Christen verbunden – hier in diesem Gottesdienst, in der Ökumene, weltweit und über die Zeiten hinweg. Äußerer Abstand heißt darum nicht, abständig zu sein und zu vereinzeln. Und weil das so ist, ist der räumliche und zeitlich Abstand, den wir zu einander und zu Jesus haben, kein Grund zur Traurigkeit oder Resignation, sondern kann sogar ermutigen und stärken.
Jesus wollte seine Jünger ermutigen indem er sagte: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird und werdet meine Zeugen sein bis ans Ende der Erde.“
Der Kontakt zu Jesus ist nämlich seit Himmelfahrt nicht mehr begrenzt durch Zeit und Ort – alle Menschen unter dem Himmel können mit ihm in Kontakt treten, seit zweitausend Jahren, wo auch immer sie sich befinden. Was zu Lebzeiten Jesu nur denen möglich war, die tatsächlich mit ihm in Berührung kamen, ist nach seinem Weg in den Himmel allen möglich. Die Jünger haben das bemerkt.  Denn trotz großem Abstand spüren sie Jesu Nähe und seine Liebe, ein festes Band, dass sie zusammen hält- ein gesegneter Zustand. Nähe weil der Abstand größer wird.  Schwer nachzuvollziehen – aber auch ein reizvoller Gedanke in Corona-Zeiten. Denn trotz Abstandsgebot und Kontaktreduzierung kann ich verbunden bleiben durch das Band der Liebe – verbunden mit Gott, mit der Welt- mal angespannt, mal locker – ein gesegneter Zustand-  und jeder Blick zum Himmel kann mich daran erinnern: Wir sind in Gemeinschaft trotz Abstand – wir leben Gemeinschaft im Abstand … Unser Gott schenke uns dazu Augenmaß, Mut, Vertrauen und Hoffnung.
Es grüßt Sie freundlich Ihre Pfarrerin A. Fugmann-Szugfill